So wird getestet: Alles eine Frage des Geschmacks
„Das Leben ist viel zu kurz, um schlechten Wein zu trinken“ – sagte Goethe mal. Und da setzen wir an: Hier findet ihr nur Weine, die ich guten Gewissens meiner Familie und meinen Freunden hinstellen würde.
Die Bewertung:
Wisst ihr, wie nasser Stein mundet? Ist euch klar, was auf eurer Zunge passiert, wenn die Hefe einiges prägt, aber eher als dritte Dimension im Geschmack vorkommt? Und wie schmeckt eigentlich unfassbare Dichte im üppigen Klangkörger mit aristokratischer Eleganz?
Offen gesagt: Es lohnt gar nicht, darauf näher einzugehen und es ist mir auch ziemlich egal. An nassem Stein werde ich voraussichtlich auch nicht lecken. Weinbewertungen sind manchmal so abgehoben und in einer Dimension, in der ich nie sein möchte. Allzu viele möchten sich durch solche Phrasen gerne abgrenzen. Alleinstellungsmerkmale schaffen. Sich als Experten inszenieren. Und Leute erreichen, die genau diese Merkmale auch für sich beanspruchen.
Genau das möchte ich nicht. Weinkritiken sollen für alle potenziellen Weintrinker verständlich sein. Es gibt einen Mittelweg zwischen „Der schmeckt./Der schmeckt nicht.“ und dem hefegetränkten Stein im verdichteten Klangkörper, der für Experten, Laien und Gelegenheitstrinker nachvollziehbar und akzeptabel ist. Genau diesen Mittelweg möchte ich transportieren. Und zwar so, dass ihn jeder verstehen und für sich am Ende die Frage beantworten kann: „Könnte mir dieser Wein schmecken“?
Das Weindezibel:
Das Weindezibel ist meine Benotung auf einer Skala von 1 (lass es sein) und 10 (gehört ganz oben in mein Weinregal). Damit möchte ich einen Gesamteindruck für einen Wein geben. Dieser Gesamteindruck ist längst nicht nur Geschmack. Hier geht es mir vor allem um folgende Leitfragen:
- Wie schmeckt der Wein?
- Wie wahrscheinlich ist es, dass ich mir diesen Wein in mein Weinregal packen würde?
- Würde ich diesen Wein Familie und Freunden empfehlen?
- Wie schlägt er sich im Vergleich zur Konkurrenz? (gleiche Rebsorte, gleiche Lage, Preis, etc.)
- Würde ich mir hin und wieder ein Gläschen davon bestellen?
- Sorgt der Wein dafür, dass mir der Winzer positiv im Gedächtnis bleibt?
- Wie sehe ich das Preis-Leistungs-Verhältnis?
Wie man anhand dieser Fragen sieht, kann es passieren, dass gute Weine keine gute Note bekommen. Warum? Nun: Mein Weinregal ist bereits bestens gefüllt. Ob beim Winzer, im Restaurant oder in der Bar: Auch gute Weine finden dort bessere Konkurrenz. Und weil der Preis für mich persönlich genauso ein Faktor ist wie bei der Empfehlung für Familie und Freunde, ist nicht jeder gute Wein ein gut kaufbarer. Das erklärt hoffentlich anschaulich, warum manche Weine hier bescheiden bewertet sind – und trotzdem gut schmecken.
Wie werden die Weine ausgesucht?
Ich folge keinem wirklich festen Muster. Klar habe ich Lieblingswinzer, die hier eventuell stärker vertreten sind als andere. Oder es leichter haben, in Erscheiung zu treten – weil sie zielsicher meinen Geschmack treffen. Das gilt auch für einzelne Rebsorten und die Tendenz zu trockenen Weinen. Allerdings lasse ich mich weiterhin gerne überraschen, bin viel in der Pfalz unterwegs und suche immer wieder nach neuen Besonderheiten. Was sich nicht schnell genug vor mir retten kann, wird probiert. Und was dabei richtig gut schmeckt, landet hier. Darüber hinaus habe ich mir das Ziel gesetzt, Weine mit besonderem Status ebenfalls vorzustellen.
Je teurer, desto besser?
Eben genau nicht! Prinzipiell hat hier jede Preisklasse ihren Platz. Ich will sowohl den 5-Euro-Wein empfehlen, der aus der Masse hervorsticht, als auch das Große Gewächs für 30 Euro aufwärts, wenn sich die Investition aus meiner Sicht lohnt. Weil aber gerade das Preis-Leistungs-Verhältnis bei den „Weindezibel“ ein entscheidender Faktor ist, haben es die hochpreisigen Weine schwerer, eine Top-Bewertung zu ergattern.